Menschen mit Teilleistungsschwächen in Vorarlberg II

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Weiterführende Maßnahmen

 

Fachtagung II

 

Jugendliche mit Teilleistungsschwächen – Herausforderungen für Schule und Arbeit
Samstag 2. Juni 2012, 9.00 – 17.00 Uhr, AK Feldkirch

 

Dokumentation

 

 

Info, Projekt-
koordination

 

Dr. Judith Fischer: judith.fischer@vorarlberg.at
Mag. Karl-Heinz Marent MBA: T 0664 122 07 02 E info@sinnfabrik.eu

 

Statements

 

Mag. Marcus Maier (Abteilungsleiter Lehrlings- und Jugendabteilung der Arbeiterkammer Vorarlberg)

Margit Rehak (Obfrau, Initiative Lega Vorarlberg)

Dr. Judith Fischer (Projektkoordination, Land Vorarlberg)

Annelies Fliri-Burtscher (Bezirkssprecherin „Spezifische Lernförderung“ Bludenz)

Prof. Dr. Stefan Böhm (Direktor des Centers for Disability and Integration an der UNI St. Gallen)

 

Zum Projekt

 

Ausgangs-
situation

 

Im Jahre 2008 und 2009 wurde mit einer engagierten Gruppe (Expertenrat) ein einjähriger Prozess angestoßen, mit dem Ziel, Empfehlungen für Maßnahmen zu formulieren, die eine Optimierung der Hilfe für Menschen mit Teilleistungsschwächen zum Ziele haben. In diesem Expertenrat waren Vertreter von Institutionen, Fördergeber, Eltern und „freien“ TrainerInnen vertreten. Höhepunkt war die Fachtagung am 20. März 09 im Kulturhaus Dornbirn. Auf dieser Fachtagung wurden mit namhaften ReferentInnen und über 160 engagierten BürgerInnen erste Ideen gesammelt und diskutiert. Die Zusammenfassung und die Ergebnisse der Tagung wurden wiederum mit dem Expertenrat und allen TeilnehmerInnen besprochen und führten zu den Empfehlungen, die an den Auftrageber Land Vorarlberg im Herbst 09 übergeben wurden.
Wie die Analyse des Expertenrates im Juni 2010 ergeben hat, wurden einige der grundlegenden Forderungen erfüllt und ist die Bereitschaft für weitere Maßnahmen seitens des Landes groß.
Um weitere kraftvolle Maßnahmen zu setzen, galt es einen Systempartner zu gewinnen, der eine gut ausgebaute Struktur, gerade im Bildungsbereich und in der Öffentlichkeitsarbeit hat, und der eine hohe Akzeptanz bei den Bürgerinnen besitzt. Dies garantiert eine kosteneffiziente und breite Umsetzung der in diesem Konzept benannten Maßnahmen.
Mit der AK-Vorarlberg konnte diesbezüglich ein wertvoller Systempartner gefunden werden.

 

Ziel

 

In einer Kooperation zwischen Land Vorarlberg (Abteilung IVa – Integrationshilfe), der Arbeiterkammer Vorarlberg und dem Verein InitiativeLEGA sollen die im Konzept formulierten Maßnahmen in den nächsten drei Jahren weitestgehend realisiert werden, um einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Optimierung der Hilfe für Menschen mit Teilleistungsschwächen zu leisten.

 

weiterführende
geplante
Maßnahmen
2012 – 2014

 

Fachlicher Austausch/Vernetzung/Organisation
_ Expertenrat
_ Lenkungsgruppe, Projektleitung

Bildungs- und Informationsoffensive
Mediale Information und Bewerbung der Angebote
_ Online-Plattformen und Drucksorten
_ Pressearbeit/Werbung
_ Mailing und Newsletter

Beratung
_ Beratung vor Ort (Schulpsychologische Sprechstunden, Lega)
_ Veranstaltungsbegleitung, Elternabende
_ Organisation und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (Lega)

Bildungsveranstaltungen
_ Vorträge in den Regionen
_ Seminare für Eltern (Wie mit Kindern lernen)
_ Legasthenie Fachtagung II: Einstieg in die Arbeitswelt und Begleitsymptomatiken

Finanzielle Entlastung
_ Absetzbarkeit von der Lohnsteuer
_ Bereitstellung von Lernmaterialien

Berufliche Integration
_ Arbeitsgruppe Arbeit
_ Fortbildungsveranstaltungen im Setting Beruf (Lehrlingsausbildner)
_ Potentialanalyse

Weitere Maßnahmen  (im Auftrag Land, Info laufend an PL)
_ Integration von Diagnose und Therapie in bestehende Reha Angebote
_ Qualifizierungskonzept für Legasthenietrainer
_ Austausch mit Schulpartnern, Höhere Schulen (AHS und HS Direktoren)

 

downloads

 

Einladung (Fachtagung 2. Juni 2012)

 

links

 

 

Ergebnisse
2008 – 2010

 

Mag.
Marcus Maier

(Abteilungsleiter Lehrlings- und Jugendabteilung der Arbeiter-
kammer Vorarlberg)

 

Warum beschäftigt sich die AK mit diesem Thema?

Bildung und Lehrlingswesen sind zwei wichtige Säulen der Arbeiterkammer. Mit unserer professionellen Infrastruktur können wir einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der Integration von Menschen mit Teilleistungsschwächen leisten. Wir erhoffen uns von der Fachtagung wichtige Impulse, die in weiterer Folge zu konkreten, weiteren Maßnahmen führen.

Integration von Lehrlingen, wie ist die Situation?

In den letzten Jahren wurden viele Anstrengungen unternommen, dass Lehrlinge eine gute Chance in Vorarlberg finden sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Beim Umgang mit Jugendlichen mit Beeinträchtigung gilt es, noch das Verständnis der Arbeitgeber zu optimieren. Dabei kann gerade die Zusammenarbeit mit Facheinrichtungen, Schule und Arbeitgeber ein wichtiger Beitrag leisten.

 
Margit Rehak

(Obfrau, Initiative Lega Vorarlberg)

 

Warum und wann wurde die Initiative Lega Vorarlberg gegründet?

Der Verein Initiative LEGA Vorarlberg wurde 1999 aus einer großen Hilflosigkeit heraus von Eltern und Lehrern gegründet. Damals gab es nur wenige Anlaufstellen, Eltern und auch Lehrer hatten Schwierigkeiten an Informationen zu gelangen. Auch wenn eine eindeutige Legasthenie oder Dyskalkulie diagnostiziert wurde – niemand wusste, wie es weitergehen sollte. Um die Chancen für diese betroffenen Menschen zu verbessern, haben sich engagierte Pädagogen und Eltern zusammengeschlossen und die Initiative LEGA gegründet. Ca. 10 % der Bevölkerung sind von Teilleistungsschwächen betroffen, bei Kindern äußern sich diese häufig in Form von Lernschwierigkeiten wie Wahrnehmungsstörungen, Lese- Rechtschreib- und/oder Rechenschwäche. Trotz dieser Schwächen haben diese Menschen eine durchschnittliche oder überdurchschnittliche Intelligenz, sowie vielfältige Begabungen. Und dennoch fallen Sie häufig aus dem Rahmen unserer Leistungsgesellschaft.

Wie sehen Sie die Entwicklung der letzten Jahre?

Vieles wurde in den letzten Jahren erreicht. Unsere Beratung und Informationsangebote wurden stark nachgefragt und wir haben den Eindruck, dass sich im Kindesalter vieles zum Besseren entwickelt hat. Die Zuständigkeiten und die Möglichkeiten der spezifischen Lernförderung in der Schule sind klar definiert und der Informationsstand und Umgang der Lehrpersonen mit dem Thema Legasthenie haben sich in den Pflichtschulen wesentlich verbessert.

Wo sehen Sie die großen Herausforderungen für die kommenden Jahre?

Was uns als Verein sehr am Herzen liegt, ist die Qualität in der Lernförderung. Es braucht Kriterien, die es den Eltern ermöglichen zu bestimmen, wie viel und welche Lernförderungen sinnvoll für die Betroffenen sind.
Des Weiteren sollten gerade für die Jugendlichen, v.a. in den höheren Schulen, die gesetzlichen Möglichkeiten besser genutzt werden und das Verständnis der Arbeitgeber, insbesondere der Lehrlingsausbildner, gefördert werden.

Dr.
Judith Fischer

(Projektkoordination Land Vorarlberg)

 

Wie hat sich die Situation in den letzten Jahren für Menschen mit Teilleistungsschwächen in Vorarlberg entwickelt?

Die Fachtagung zum Thema Teilleistungsschwächen im Jahr 2009 gab wichtige Impulse, die zu nachhaltigen Maßnahmen im Kindesalter geführt haben.
Mit der zweiten Fachtagung zum Thema will die Vorarlberger Landesregierung in Zusammenarbeit mit der AK und dem Verein Lega den erfolgreichen Prozess weiterführen.

Was ist das Ziel der zweiten Fachtagung?

Die Fachtagung soll zur Optimierung der Hilfe vor allem bei der Zielgruppe Jugendlichen beitragen.
Die Zusammenarbeit mit AK gerade in Bezug auf die berufliche Integration ist dabei sehr hilfreich und nützlich.

Annelies Fliri-Burtscher

(Bezirkssprecherin “Spezifische Lernförderung” Bludenz)

 

Aus Sicht der Schule, wo sehen Sie die größten Erfolge in der Hilfe für Menschen mit Teilleistungsschwächen?

Vor 10  Jahren wurde der Legasthenieunterricht in Vorarlberg neu strukturiert und die spezifische Lernförderung mit den drei Eckpfeilern – Früherfassung von Risikokinder, Einzelförderung durch speziell ausgebildete LehrerInnen und Erweiterung der Kompetenz der KlassenlehrerIn verbessert. Standardisierte Diagnoseverfahren, wissenschaftlich-evaluierte LRS-Programme und aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse bilden die Grundlage für die schulische Förderung mit diesen Kindern. Die Lese- und Rechtschreibförderung wurde bereits in allen Bezirken, basierend auf einem gemeinsam erarbeiteten Landeskonzept umgesetzt, die Rechenförderung ist derzeit in der Aufbauphase.
Auch im Sekundarbereich I wurden Arbeitsgruppen gegründet und Förderkonzepte entwickelt. Die Broschüre “Lese-Rechtschreibschwäche in der Fremdsprache Englisch” wurde von einem engagierten Team und ExpertInnen im Juni 2010 herausgegeben.

Wo sehen Sie zukünftig die größten Herausforderungen?

Durch die Personalsituation im Schulbereich wird es schwieriger qualifizierte LehrerInnen für diese Förderstunden zu gewinnen.
LRS-Kinder haben, wie auch andere Kinder, zunehmend weitere Bereiche, in denen sie Schwierigkeiten haben, wie ADHS, AVWS. Verhaltensauffälligkeiten und andere Beeinträchtigungen erfordern eine genaue Abklärung, qualifizierter und spezifischer Unterricht sowie ausreichend Zeit.
Wir müssen informieren und aufklären sowie hinweisen, dass das Arbeiten nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen für alle Beteiligten zielführend ist. Viele unqualifizierte Versprechungen und verfehlte pädagogische Ansätze von Privatanbietern und Initiativen führen zu leidvollen Erfahrungen der Kinder und Eltern.

Prof. Dr.
Stefan Böhm

(Direktor des Centers for Disability and Integration an der UNI St. Gallen)

 

Was ist das „Center for Disability and Integration“ und welche Ziele verfolgt es?

Das Center for Disability and Integration (CDI-HSG) ist ein interdisziplinäres Forschungscenter, in dem Betriebswirte, Volkswirte und Psychologen gemeinsam zur beruflichen Integration von Menschen mit Behinderung forschen. Das CDI-HSG trägt durch Beiträge in den Bereichen Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft und Angewandte Disability zur Fortentwicklung der Handicap-Forschung bei und verankert diese als festen Forschungsfokus an der Universität St. Gallen.
Die gewonnen Erkenntnisse werden sowohl in die universitäre Lehre als auch in die unternehmerische Praxis transferiert und tragen so langfristig zu einer Erhöhung der Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderung bei.
Das CDI-HSG baut nationale und internationale Netzwerke mit Forschern, Universitäten und Unternehmen im Bereich der Handicap- und Diversity-Forschung auf.
Hiermit wollen wir einen entscheidenden Beitrag zur Steigerung der Unabhängigkeit und Lebensqualität von Menschen mit Behinderung leisten und durch eine erhöhte Beschäftigungsquote nachhaltig zur Entlastung der sozialen Sicherungssysteme beitragen.

Jugendliche mit Teilleistungsschwächen als Mitarbeiter, Chancen und Nutzen für Betriebe?

Sie finden hoch motivierte Mitarbeiter, was gerade in Zeiten des demographischen Wandels mit abnehmenden Bewerberzahlen nicht selbstverständlich ist.
Sie finden Bewerber, die oft über spezielle Kompetenzen verfügen, die Mitarbeiter ohne Behinderung eventuell nicht haben.
Sie fördern eine inklusive Unternehmenskultur, von der alle Mitarbeiter bzw. v.a. früher benachteiligte Gruppen profitieren (Frauen, ältere Mitarbeiter, Mitarbeiter mit Behinderung, Mitarbeiter mit Migrationshintergrund.
Sie fördern ein positives Unternehmensimage und kommen Ansprüchen an die Corporate Social Responsibility nach (auch Entlastung der Sozialsysteme, etc.).

Wo sehen Sie die wichtigsten Aufgaben der Betriebe und der Politik für eine gelingende Integration?

Rekrutierungsverfahren: Orientierung an Stärken und Kompetenzen notwendig, nicht an Defiziten; HR Mitarbeiter müssen wissen, wie sie mit Bewerbern mit Behinderung umzugehen haben, mit welchen staatl. Stellen sie allenfalls zusammenarbeiten müssen, etc. Einsatz nicht-diskriminierender Bewerbungs- und Ausschreibungsverfahren, etc.

Arbeitsplatzanpassungen: Je nach Behinderung werden mitunter Arbeitsplatzanpassungen notwendig; diese sind jedoch meist billiger als erwartet, 90 % der notwendigen Anpassungen kosten weniger als 500 €.

Arbeitszeitsysteme: Menschen mit Behinderung brauchen oft flexiblere Arbeitszeiten bzw. Teilzeitarbeit; hiervon profitieren aber auch andere Mitarbeitergruppen, z.B. junge Eltern, ältere Mitarbeiter, etc.

Gesundheitsmanagement: wie bei den Arbeitszeitsystemen; ist notwendig, gerade auch für Menschen m. B., hiervon profitieren aber auch wieder alle; Fokus auch auf Prävention.

Führung & Kultur: der wohl wichtigste Ansatzpunkt; Führungskräfte und Kollegen müssen sensibilisiert werden, empfinden die Zusammenarbeit anschließend aber meist als extrem bereichernd.